Rede im Rahmen der SV vom 25.04.24 von Andreas Müller
Ich möchte mit ein paar Zahlen beginnen:
• Über 4 Millionen Euro Haushaltsdefizit 2024 im laufenden Betrieb
• Mehr als eine halbe Million Euro nur für Zinsen neuer Kredite
• Mehr als eine halbe Million Euro für Betriebskosten allein der Sporthallen, nur als Beispiel
• 15 Millionen Euro geplante weitere Schulden in den Folgejahren, bis auf knapp 60 Millionen
• Dadurch eine enorme weitere jährliche Belastung nur durch Zinsen. Geld das uns fehlt und für das wir überhaupt gar nichts bekommen.
Wir wussten, was auf uns zukommt an Investitionen, wir hatten die Chance, die Nullprozentzinsphase auszunutzen, ich habe das wiederholt angemahnt, aber wir haben schon seit Jahren geschoben und gezögert, nun sind die Zinsen gestiegen, die Chance ist vertan.
Das Ganze geschieht in einer Zeit immer weiter zunehmender Verunsicherung durch Kriege, Klimawandel, radikaler Veränderung der Gesellschaft durch Medien, Digitalisierung und KI.
Uns alle als Kommunalpolitiker treiben angesichts dieser finanziellen Perspektiven für Schwentinental große Sorgen um. Wie soll es in unserer Stadt weitergehen? Welche Entwicklungs- und Gestaltungsspielräume für unsere Stadt werden wir in Zukunft überhaupt noch haben?
Wir wissen um die äußerst ungünstigen Rahmenbedingungen, die wir nicht zu verantworten haben, in diversen Fraktionssitzungen und Gesprächen und sind als GEMEINSAM vor Ort dennoch zu dem Schluss gekommen, diesem Haushalt können wir einfach nicht zustimmen.
Warum? Ich möchte drei wesentliche Gründe nennen:
1. Wir haben zwar etwas eingespart, gegenüber dem ursprünglichen Haushaltsentwurf, aber im Wesentlichen nur durch Verschieben in die kommenden Haushalte. Damit lösen wir aber keine Probleme! Es fehlen in diesem Haushalt gänzlich strukturelle Maßnahmen, die geeignet sind die Haushaltssituation nachhaltig zu verbessern.
2. Der Klimaschutz, aus unserer Sicht die entscheidende Menschheitsaufgabe, findet auch in diesem Haushalt im Wesentlichen nicht statt. So ein Haushalt ist nicht zeitgemäß.
3. Selbst wo wir sparen könnten bleiben wir mutlos – zwei Beispiele: statt eine sinnlose Fahrradüberdachung für 20000 € vor dem Rathaus, die zudem zwei Parkplätze raubt, einfach zu streichen, machen wir lediglich einen Sperrvermerk. Wir haben ein exzellentes Gutachten, das die Struktur des Bauhofes analysiert und auch Sparvorschläge macht. Wir sorgen aber nicht dafür, dass bei den Investitionen für den Bauhof und den Stellenplan im Haushalt Bezug genommen wird auf die Ergebnisse des Gutachtens und wir die Sparvorschläge umsetzen, hier fehlt uns die Transparenz!
Wir meinen, ein „Weiter so“ kann es nicht geben. Wir müssen den Mut haben, schmerzhafte Einschnitte den Menschen in unserer Stadt zu erklären. Wenn wir ein nachvollziehbares Paket schnüren, das Lasten nicht einseitig verteilt, werden sie es verstehen.
Wir müssen dringend unsere Einnahmesituation verbessern und vielleicht, wie in Plön soeben mit der Grundsteuer geschehen, über unsere Steuereinnahmen nachdenken. Wir müssen dabei aber unbedingt auch den Wirtschaftsstandort im Auge behalten. Steuern betrachten ist das eine, es geht aber nur, wenn es uns an anderer Stelle gelingt, zu wesentlichen Einsparungen zu kommen:
• Wir werden auf nicht zwingenden Grunderwerb verzichten und für Kita-Standorte Lösungen auf stadteigenem Gelände finden müssen.
• Wir werden vielleicht auch nicht zwingende Straßensanierungsmaßnahmen zugunsten unserer seit Jahren notleidenden Bildungseinrichtungen erst einmal zurückstellen müssen. Wie heißt es so schön: unsere Kinder und Jugendlichen sind unsere Zukunft!
• Der Bauhof an neuem Standort ist mit derzeit avisierten knapp 11 Millionen für Grund- und Immobilienerwerb (2,5 Millionen Euro) und Bau- und Sanierungskosten (8,1 Millionen Euro) eine gigantische Maßnahme. Es stimmt bitter, dass wir sie den Maßnahmen an den Schulen und bei der Feuerwehr in Klausdorf vorziehen (müssen), aber diese 11 Millionen müssen auf den Prüfstand, Unser Ziel muss es sein, wo möglich Verzicht zu üben und die Gesamtkosten auf deutlich unter 10 Millionen Euro zu drücken.
• Der Schwentinepark, von dem unzählige Menschen im Großraum Kiel kostenlos profitieren, kostet uns jährlich mehr als eine halbe Million Euro. Hier müssen wir dringend die Einnahmesituation, über Futterboxen hinaus, verbessern, beispielsweise indem wir Parkgebühren erheben, was zudem auch einen ökologischen Nutzen hat, oder Spendenboxen an den Eingängen aufstellen.
• Wir müssen achtsam mit dem umgehen, was wir haben, wir können uns manche Wunschträume nicht mehr leisten, beispielsweise eine völlig neue, millionenschwere OGTS, so schön das vielleicht wäre. Und so etwas wie der Umbau des Pfadfinderhauses für einige wenige Wildparkmitarbeitern, der sich über die Jahre auf eine halbe Million Euro aufsummiert hat, darf uns nie wieder passieren
• Wir kommen mit dem Klimaschutz nicht voran, was uns auch erheblich Geld kostet:. 500000 Euro Betriebskosten für unsere energetisch in einem desolaten Zustand befindlichen Sporthallen, sprechen eine erschreckende Sprache, an vielen anderen Stellen sieht es bei öffentlichen Gebäuden nicht besser aus.
• wir brauchen ein noch effizienteres Fördermanagement. Wiederholt sind uns lukrative Förderprogramme durch die Lappen gegangen (z.B. Impuls für den Schulneubau/Schulsanierung).
Es ist unser aller Verantwortung, Verwaltung und Selbstverwaltung, uns an die Arbeit zu machen unseren Haushalt, die Grundlage für Schwentinentals Zukunft, anzufangen in Ordnung zu bringen, soweit es in unseren Möglichkeiten steht. Wir brauchen Mut, Klarheit und eine ehrliche Kommunikation, miteinander und nach außen, dann können wir auch diese Krise bewältigen.
Und noch ein abschließendes Wort: in schwierigen Zeiten muss man zusammenstehen, auch wir als Stadt. Wir können und dürfen uns keine Neiddebatten leisten. Deshalb muss uns Stadtentwicklung etwas wert sein, nicht nur wegen damit verbundener Fördergelder, sondern auch und vor allem weil sie wichtig ist für das Zusammenwachsen von Raisdorf und Klausdorf, für unsere Identität und dafür, trotz aller Finanznot, Zukunftsperspektiven zu entwickeln.